Das Manifest soll die Grundlagen unserer Kollektividee darlegen – durch Herleitung und Ausführung aller damit in Verbindung stehenden und als Initiatoren fungierenden Gedankengänge.
Die Formulierung „wir“ bezieht sich nicht auf die Anzahl der Verfassenden dieser Schrift, viel mehr repräsentiert sie die Integration aller Gleichgesinnten, in Gegenwart und Zukunft. Genauso steht das „wir“ dafür, dass alle Beitragenden, während ihrer Teilnahme, als Ventil für deren Selbstverwirklichungsarbeit das Kollektiv anstatt dem Individuum wählen. Somit sind alle Beitragenden Teil unseres Ansatzes, durch solidarisch-horizontale Aktivitäten eine Plattform zu schaffen und dadurch auch die Selbstverwirklichung eines jeden Individuums zu erreichen.
Gleichzeitig steht das „wir“ als gemeinschaftlicher Gegensatz zur konkurrenzgetriebenen Vereinzelung, welche vor allem auch im Kunstgewerbe Nährboden für Profitfokus bilden. Solidarität hingegen ist essenziell für die Konstruktion und Erhaltung eines funktionierenden sozialen Gewebes, und somit auch eine der Grundlagen der Gedankenwelten all jener, welche sich durch unser Manifest angesprochen fühlen.
„Wir“ sind die uniform-individualistisch / anonyme Menge des Kollektivs.
Das Sich-Entfernen von der vorherrschenden profitorientierten Seichtheit in allen Kunstformen.
Der Ansatz, die Wichtigkeit angelernten theoretischen Wissens weniger stark zu gewichten als die konstruktiv-kreative Energie, resultiert aus einem unmittelbaren Drang zur Kreation-motiviert zu radikaler Ungeduld. Diese Ungeduld soll sich vorallem in der entsprechenden Umsetzung widerspiegeln. Weder Verlass, noch Vertrauen auf Labels, Verlage, Galerien oder andere etablierte „Institutionen“ im Kunstbereich. Stattdessen den Aufbau eigenständiger oder die Zusammenarbeit mit bereits bestehenden-gleichgesinnten Strukturen. Als Grund und gleichzeitig Folge dessen wird sich auch der in der Gesellschaft omnipräsenten Profitgier entgegengestellt, dadurch, dass z.B. für digitale Downloads von Musik kein Entgelt verlangt wird, oder bei Kleidungsstücken bzw. ähnlichen Arbeiten nur Materialkosten und Arbeitszeit gedeckt werden. Klarerweise ist ein gewisses Budget, um zukünftige Aktionen und Projekte zu ermöglichen, essenziell. Manche Projekte führen zu mehr Einnahmen als andere, und können daher genutzt werden, um die Durchführung anstehender Vorhaben zu finanzieren.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil, bzw. eine unserer Hauptintentionen ist es, einen Sinn für Gemeinschaft unter Kunstschaffenden zu etablieren, aus dem alle persönlichen Mehrwert ziehen können. Dies soll erreicht werden, indem viele verschiedene Kunstschaffende in das Gesamtprojekt integriert werden, sich über Landesgrenzen hinwegsetzend, verschiedenste Kunstformen abdeckend – temporär oder längerfristig, ohne damit verbundene Pflichten oder Bindungen eingehen zu müssen. Es soll allen interessierten, dazu motivierten Kunstschaffenden möglich sein, in unserer kompromisslos selbstorganisierten Praktik mitzuarbeiten oder Einzelnes beizutragen. Kunst ist Weg und Mittel zum Selbstausdruck und unter den Umständen der heutigen Gesellschaft ein Weg, mit ebendiesen Gegebenheiten umgehen zu können. Für viele ist die Sache, der sie sich widmen, Selbstverwirklichung anstatt Transzendenz. Die Einen fügen sich ins konformistische Alltagsleben, dadurch vom eigenen kreativen Zugang abgehalten, die Anderen flüchten sich in Spiralen der Bewusstseinserweiterung und/ oder Realitätsflucht, die Nächsten werden im Zuge dessen an den Rande der Gesellschaft gedrängt.
Demnach gilt es, non-konformistisch orientierte Kunstschaffende aller Art, sowie damit verbundene Strukturen, zu unterstützen, in ihrem kreativen Schaffen sowie in ihrem Kämpfen mit der eigenen Geworfenheit, welches leise oder laut, passiv oder aktiv sein kann und mag. Im Kopf zu behalten ist jedoch auch, dass nicht alle über die Kraft oder Ressourcen verfügen, sich Gehör zu verschaffen. Für sich spricht also, dass wir es als das Wesentlichste ansehen, für ähnlich Gesinnte ein Plattform zu schaffen.
Das Konzept des Kollektivs fußt also auf folgenden Prinzipien;
• Einerseits das radikale Bedürfnis, Kunst zu schaffen, frei und unabhängig. Zeitgleich bringt dies auch Gewissheit von Originalität mit sich. Zusätzlich wichtig ist vor allem auch die Integration ähnlich gesinnter Kunstschaffender, also das Schaffen einer Plattform, die einfach zugänglich und, am wichtigsten, nicht in irgendeiner Weiße elitär ist.
• Nächstens, (Weiterführung des vorigen Punktes) der Gemeinschaftsgedanke, ein greifbarer und nicht greifbarer Raum zu sein, zugleich als konstantes Gegenstück zu anderen Tendenzen innerhalb des Kunstgewerbes. Situiert am extremen Rand – radikal getriebene Energie, hineinkanalisiert in die Kunst, und dadurch kompromisslos freie Kunst schaffend.
Damit einher geht auch die Realisierung der Non-Existenz von Einschränkungen und Grenzen des uns Möglichen. In erster Linie beseitigt diese Denkweise kombiniert mit der nötigen Konsequenz von vorn herein mentale Barrieren, zweitens entsteht diese Erkenntnis automatisch nach einiger Betätigung außerhalb des konformistischen Rahmens und reißt somit die Dämme vor zukünftigen Projekten und Ideen nieder.
Keine Einschränkungen, keine Grenzen, keine Kompromisse dem Kollektiv und dessen Grundgedanken!
• Die Gemeinschaft stärkt der Bewegung den Rücken und bekräftigt Kunstschaffende in ihrer Arbeit. Ein weiterer wichtiger Grundpfeiler ist die Solidarität und Unterstützung untereinander.
Außerdem auch in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht unsere Ansichten mit künstlerischen Tätigkeiten zu verbinden, keine Doppelmoral zuzulassen; sprich, unsere Ansichten konsequent zu leben. Siehe die Zusammenarbeit mit anderen Teilen der selbstorganisierten Infrastruktur, bzw. die Nutzung derer (in Wien z.B. Druckraum Ottakring, EKH, V99 + viele mehr überall). Im selben Gedankenzug wollen wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel und Verbindungen nutzen, um Verbindlichkeiten zu vermeiden, welche den Fokus von der Kunst auf den Profit lenken.
Ein wichtiger Teil der Unterstützung innerhalb von selbstorganisierter Infrastruktur ist auch der Aspekt, allgemein bzw. anlassbezogen bei Veranstaltungen Geld für andere Kollektive, Räume etc. zu sammeln. Das kann einen signifikanten Faktor zur Aufrechterhaltung solcher Strukturen bilden und langfristig Geldflüsse in solidarischen Kreisen behalten.
• Die Partizipation im Non-Konformismus in der Kunst, verkörpert vor allem durch eigenständige Methoden und Zweckentfremdung traditioneller Praktiken, „Ideen“ und Denkraster, da diese oft den Zugang zur eigenen Kreativität und somit zum eigenen Aktivwerden gefährden. Damit stellen wir uns gegen gängige Methoden im Kontext der kapitalistischen Produktionsweise, welche durch die Etablierung von Konkurrenzdenken bzw. des „Wettbewerbs“ und der damit verknüpften Ideologie zur Gesellschaftsform erweitert wurden. Dies steht in einer erdrückenden wechselwirkenden Beziehung zu den Symptomen der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Die durch profitorientierte Denkweisen begründeten Methoden dominieren gegenwärtig die Kunstwelt. Gemeint sind nicht alle Facetten des Kunsthandwerks – unser Fokus liegt vielmehr auf dem sich-Entfernen von gängigen, „schulischen“, limitierenden Denkweisen, und den Beschränkungen, die dadurch entstehen. Dieser Profitfokus steht synonym für die fehlende Originalität, die aus dieser pervertierten Symbiose, und aus der damit einhergehenden Industrialisierung unweigerlich folgt. Dasselbe gilt für die Verzweiflung des eigentlichen Kunstgewerbes, des Einzelhandels und des Handwerks in diesem Bereich, die mit ihrem Arbeitsmodell „abgehängt worden sind“ - als Begründung wird oft die Ausrede einer als unausweichlich konstruierten wirtschaftlichen Version des Survival-of-the-Fittest-Prinzips angeführt. Wir stehen daher auch für ebendiese „Abgehängten“ ein - für eine Veränderung in Richtung bewussten Konsumverhaltens, konsequenten Antikapitalismus und weg von der im Kapitalismus nicht zu überwindenden Schikane ganzer Gesellschaftsschichten, auf deren Rücken die Industrie aufgebaut wurde und die nun am allerwenigsten profitieren. Denn in diesem System gibt es immer Glieder in der (Produktions-)Kette, die skrupellos über den Tisch gezogen werden – es wird nicht auf sie vergessen, sie werden nicht übersehen, sondern sie werden mit Kalkül systematisch ausgebeutet und dadurch geschwächt und in eine Notlage gebracht, die weiter den Kreislauf antreibt.
In diesem Sinne streben wir Seite an Seite mit allen Gleichgesinnten nach der Überwindung aller patriarchalen, kolonialen, imperialistischen Zustände dieser Welt und widersetzen uns allen Formen der Diskriminierung. Besonderer Kampf gilt dabei diskriminierenden Tendenzen innerhalb vermeintlich progressiver Strukturen.
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E.G.: „Kunst ist Teil der Rebellion gegen die Realitäten ihrer unerfüllten Bestrebungen.”
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Zusammenfassend erscheint es uns somit als einzige Möglichkeit, etwas Radikales zu schaffen, ein Contra zu setzen, um Raum für Neues zu schaffen. Da freie Kunst mit Industrie und Kapitalismus nicht vereinbar ist, gilt es, sich von diesen loszulösen, inklusive sämtlicher im Zuge dessen etablierter Denkweisen. Verselbstständigung als uniform-individualistische Vereinigung als Gegenstück zur stagnierenden Einheit der Kulturindustrie.
W.B.: „Der destruktive Charakter kennt nur eine Parole: Platz schaffen; nur eine Tätigkeit: räumen. Sein Bedürfnis nach frischer Luft und freiem Raum ist stärker als jeder Hass.”